Kein Dichter, kein Psychologe wird erklären können, warum die Menschen in ihren Wälder so viel Ruhe finden können, sich so wohl dort fühlen und aus ihm neue Kraft und Energie schöpfen können. Der Wald ist für viele Menschen ein Rückzugsort. Er steht für die Sehnsucht nach Stille, Freiheit und unberührter Natur. Er birgt viele Geheimnisse und gibt nur hin aus wissenschaftlicher Sicht eines davon für uns preis. Wir Menschen sind ihm verfallen, dem Wunder Wald.Im Wald errichteten die Gebrüder Grimm die Märchenschlösser unserer Kindheit, mit bösen Wölfen und krummen Hexen. Doch auch andererorts lassen sich in Sagen und Legenden die unterschiedlichsten mystischen und magischen Wesen finden, die im Wald tief verborgen leben. Feen, Kobolde, Baumgeister, Nymphen, Elfen und viele mehr, lassen uns in unserer Fantasie in andere Welten reisen, doch immer zugegen ist der Wald.
Viele Schlösser wurden inmitten von Wäldern errichtet, wo die Dichter und Denker der Romantik ihre größten Werke schufen und auch Luther einst die Bibel übersetzte. In den Schatten der Buchen des Jasmundwaldes, welcher sich auf den Kreidefelsen der Insel Rügen finden lässt, zog es so einige Künstler und Maler, die uns den Zauber und die Schönheit der Natur in die Herzen malten.
Doch bei aller Romantik, allem Zauber und aller Schönheit, wissen wir auch heute noch sehr wenig über das Wunder Wald und die Geheimnisse, die in ihm verborgen sind.
Zum Beispiel das unsichtbare Netzwerk der Pilze, welches von Wissenschaftlern als das Wood-Wide-Web bezeichnet wird, da es wie eine riesige und weitverbreitete Nachrichtenzentrale funktioniert. Oder auch die flüchtigen Moleküle, mit denen Bäume miteinander reden. Darüber, wie Bäume ihre Baumkinder im Schatten und der angenehmen Kühle des Waldes groß ziehen und ernähren. Nicht zu vergessen die natürliche Müllabfuhr des Waldes, die sich zahlreich in dessen Boden finden lässt. In einer Handvoll Walderde befinden sich mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt.
Der Wald, voll seiner Wunder und Geheimnisse, lässt vieles für uns im verborgenen, für das Auge unsichtbar, für das Gehör nicht wahrnehmbar und dennoch allgegenwärtig. Der Austausch der Nachrichten zwischen Pflanzen, Tieren und Bäumen findet für uns im verborgenen statt und selbst Wissenschaftlern gelingt es nur langsam und nach und nach die Sprache des Waldes zu entschlüsseln.
So zum Beispiel auch, dass jeder Baum seinen ganz eigenen Duft ausströmt, den andere Lebewesen des Waldes wahrnehmen. Droht ein Befall von Schädlingen, ist er in der Lage eine Galleartige Flüssigkeit zu produzieren, die dem Angreifer gehörig den Appetit verdirbt. Oder er lockt mit seinem Duft andere Lebewesen an, die als Fressfeinde des Angreifers gelten und für diese gibt es somit ein reichhaltiges Buffet. Es ist eine Möglichkeit von vielen, sich selbst und seine Art zu erhalten und zu schützen.
Moose reagieren sehr massiv auf Schwermetalle, lange bevor andere Waldbewohner sie überhaupt wahrnehmen oder darunter leiden. Darüber hinaus können sie durch ihre kleinen dichtstehenden Pflänzchen jede Menge Wasser speichern und aufnehmen, was für ein gutes Klima in Wäldern sorgt. Im Mittelalter wurden sie deshalb als Windeln für Babys verwendet. In Wald finden sich häufig moosüberzogene Baumstämme oder der Boden ist großflächig mit Moos bedeckt, denn Moose gehören zu den ältesten Landpflanzen. Sie sind bereits 400 Millionen Jahre alt.
Seit der Romantik nimmt der Wald eine herausgehobene Rolle für die Erholung der Menschen ein. Er dient uns als Ort der Enstpannung und als Ausgleich zu Berufs- und Stadtleben. Für uns Besucher ist der Forstwirtschaftliche Aspekt und der Naturschutz meist zweitrangig. Wir gehen spazieren, genießen die frische Luft, können die ein oder anderen Tiere beobachten und spüren dabei ein inneres Gefühl von Wohlsein und Freiheit.
Mit 11,1 Millionen Hektar Waldfläche, ist knapp ein Drittel Deutschlands mit Wald bedeckt. Am bekanntesten sind uns wohl der Thüringer Wald, der bayrische Wald oder der Schwarzwald, um nur einige wenige zu nennen.
Im Wald entwickelt sich ein ganz eigenes Klima, das sogenannte Waldinnenklima. Im Gegensatz zur freien Landschaft, ist es dort viel kühler. Die Blätterkronen der Bäume schützen vor Sonneneinstrahlung und die Verdunstung der Bäume kühlt ebenfalls. So herrscht im Wald eine hohe Luftfeuchtigkeit. Die Blätter einer Eiche können pro Sommertag 200 Liter Wasser verdunsten und das tun sie auch ungeachtet einer Trockenzeit. Was den Wasserhaushalt anbelangt sind viele Baumarten sehr verschwenderisch, denn einige schaffen einen Verbrauch von 500 Litern pro Tag.
Die Bäume des Waldes bremsen den Wind, sie filtern Staub und Schadstoffe und sind nicht nur unser wichtigster Sauerstofflieferant, sondern geben auch Ätherische Öle und Duftstoffe an ihre Umgebung ab (sogenannte Phytonzide). Diese wirken nicht nur gegen Baumkrankheiten und Schädlinge, sondern sind auch für uns Menschen gesundheitsfördernd und wirken beruhigend und ausgleichend.
In Deutschlands Wäldern finden sich etwa 76 verschiedene Baumarten, wobei die Fichte am häufigsten vorkommt, gefolgt von Kiefern und Buchen. Unsere Wälder sind komplexe und vielfältige Ökosysteme, in den Bodenaktivität, Vegetation und Tierwelt in enger Wechselbeziehung zueinander stehen. Sie beherben eine Vielzahl an Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen.
Wir können im Wald etwa 1200 Arten von Farn- und Blühpflanzen zählen, worunter sich ca. 1000 krautartige Pflanzenarten befinden. Dazu kommen 116 Straucharten, 676 Arten von Moosen, 1024 Flechten und 140 Wirbeltierarten. Die wohl bekanntesten Vertreter sind das Rotwild, Wildschweine, Füchse, Dachse, Marder, Kaninchen und viele mehr. Eher seltener anzutreffen sind Arten, wie der Feuersalamander, der Luchs oder die Wildkatze. Auch die seit 150 Jahren als ausgerottet geltenden Wölfe, siedeln sich nun langsam in unseren heimischen Wälder wieder an und leisten damit einen enormen Beitrag zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts.
Wölfe erfüllen als Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem. Beute und Beutegreifer entwickelten sich gleichermaßen abhängig voneinander in der Evolution. Durch die Ausrottung der Wölfe enstand eine empfindliche Lücke im Gleichgewicht, die die eingespielte Wechselwirkung innerhalb des Ökosystems beeinträchtigt hat. Wölfe regulieren nicht nur den Bestand an Rotwild in den Wäldern, welches bei zu großer Anzahl enormen Schaden anrichten kann. Sie fressen auch kranke und schwache Tiere, was den Bestand seiner Beutetiere gesund erhält.
Aber nicht nur der Wolf, sondern ebenfalls die vielen Waldvogelarten, wie Eulen, Spechte, Bussarde, Rotkehlchen, Eichelhäher und Kuckuck, um nur einige zu nennen, tragen ihren Teil zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts des Waldes bei. Der Wald bietet ihnen Schutz und ein zu Hause für ihre Jungen, in den Bäumen finden sich ihre Nistplätze und auch seltene oder bedrohte Arten, wie der Schwarzstorch und der Uhu finden in ihm noch die Möglichkeit auf Lebensraum und gleichermaßen Versteck.
Selbst die kleinsten, im Boden lebenden Tierchen, die häufig weniger spektakulär oder für uns auch oft unsichtbar sind, erfüllen unverzichtbare Aufgaben. So sind nicht selten Würmer, Schnecken, Spinnen und andere Insekten und Mikroorganismen ihr Leben lang damit beschäftigt den Wald und seinen Müll aufzuräumen, indem sie beispielsweise abgestorbenes Pflanzenmaterial zersetzen und somit den Boden düngen.
600 Pilzarten und 1000 Käferarten sind an der vollständigen Mineralisierung eines Holzkörpers beteiligt. Bis ein großer, abgestorbener Baum jedoch vollständig verrottet ist, können mehrere Jahrzehnte vergehen.
Der Wald liefert uns nicht nur den Wertvollen und nachhaltigen, umweltfreundlichen Rohstoff Holz, sondern trägt auch herausragend zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. Global steht es um den Wald nicht besonders gut. Jedes Jahr verschwinden 13 Millionen Hektar Wald, was etwa einen Drittel der Gesamtfläche Deutschlands ausmacht. Hierbei können wir große Unterschiede zwischen den einzelnen Kontinenten feststellen. Einige zerstören mehr Wald, als sie nachpflanzen können und andere pflanzen mehr, als sie genutzt haben.
Jedem von uns sollte jedoch bewusst sein, dass wir viel mehr auf unseren Wald angewiesen sind, als er auf uns. Wenn wir nicht auf ihn und seine wunderbare Vielfalt achten, wenn wir ihn nicht schützen, dann wird die Natur dafür sorgen, dass es auch uns an den Kragen geht. Denn völlig entgegen dem, was der Mensch häufig glaubt, ist er nicht das wichtigste Glied im Universum und steht auch nicht allem voran. Viel mehr ist er nur ein kleines Licht, ein kleiner Teil von etwas ganz wunderbarem Großen.