Auch der Baum, auch die Blume warten nicht bloß auf unsere Erkenntnis. Sie werben mit ihrer Schönheit und Weisheit aller Enden um Verständnis.
Christian Morgenstern

Bäume ändern nachts ihr bioelektrisches Potential (als elektrisches Potenzial wird der Quotient aus potenzieller Energie und Ladung bezeichnet) und ihren Durchmesser. Genau wie die Meere scheinen sie auf den Zyklus des Mondes zu reagieren. Jeder Baum verströmt seinen ganz eigenen Duft, den alle Bewohner des Waldes wahrnehmen können. Die Blätter der Bäume produzieren nicht nur Nahrung und Sauerstoff, sondern auch Nachrichten, genau wie das Moos am Waldboden.
Heutzutage fasziniert uns die Magie unserer Bäume und Wälder, doch noch im 18. Jahrhundert machte sie den Menschen Angst. Über Jahrhunderte war der Wald ein Ort, den niemand gern betreten wollte, geschweige denn in ihm wohnen. Man lebte und wohnte höchstens an seinem Waldrand. Er galt wegen seiner dicken und schlechten Luft sogar als ungesund und insbesondere nachts, wagte ihn niemand zu betreten. Viele Sagen und Legenden rankten um den Wald, in dem Hexen und andere dunkle, mystische Gestalten ihr Unwesen trieben.
Erst im 19. Jahrhundert wurde der Wald zum Idyll und einem Erholungsort, insbesondere für Großstädter, die zunehmend begannen die Natur zu genießen und durch die dichten Wälder zu wandern. Er wurde nun für sie ein Rückzugsort, um dem Gestank und dem Lärm der immer größer werdenden Städte zu entfliehen.

Die Bäume unserer Wälder sind eigentlich nicht einzeln zu betrachten, da sie so etwas wie einen großen Gesamtorganismus bilden. Durch Pilze, Moose und andere im und am Boden lebende Pflanzen, die mit den Bäumen in Symbiose leben, ist alles im Waldboden unterirdisch miteinander vernetzt. Vor allem die Pilze sind ein riesiges Netzwerk für Kommunikation und Informationsaustausch. Wir sehen zwar nur ihre Fruchtkörper, doch teilen sie den Boden mit den Wurzeln der Bäume.
Jeder Baum hat sein ganz eigenes Kommunikationssystem. Die Krone spricht mit der Leitzentrale im Untergrund, den Wurzeln. Die feinen Wurzelspitzen prüfen ständig den Boden auf Nährstoffgehalt und Feuchtigkeit. Bei Trockenheit werden über die Wasserleitungen der Wurzeln hydraulische Signale nach oben versandt, welche veranlassen, dass weniger Wasser verdunstet wird.
Umgekehrt empfangen die Wurzeln von oben Nachrichten zum Nährstoffbedarf oder wann ein Schädlingsbefall droht. So wie die Äste der Krone, wachsen natürlich auch die Wurzeln im Boden, doch an den Bodenstoffen können sie erkennen, wann Artgenossen in der Nähe sind. So stellen sie dann ihr Wachstum in diese Richtung ein, um ihren Verwandten nicht in die Quere zu kommen. Genauso verhält es sich mit dem Wachstum von Ästen und Zweigen der Krone des Baumes.

Um über größere Entfernungen miteinander reden zu können, brauchen Bäume eben ihre Verbündeten, die Pilze mit ihrem unterirdischen Netzwerk. Das Geflecht der Pilze kann ganze Wälder vernetzen, weshalb Forscher vom Wood-Wide-Web sprechen, dem Internet des Waldes. Auf diese Weise erhalten die Bäume Informationen darüber, ib es ihren Nachbarn gut geht oder diese vielleicht Hilfe benötigen und so versorgen sie auch ihre Baumkinder mit Zuckerlösung.
Ohne die Kooperation zwischen Pilzen und Bäumen, hätten unsere Wälder wohl nie ihre Größe erreichen können. Ständige Lücken im Blätterdach, hätten das feuchte Binnenklima des Waldes, empfindlich gestört und vielleicht hätte er so manchen Klimawandel gar nicht erst überlebt.
Vor mehr als 12000 Jahren waren durch die Eiszeit plötzlich alle Bäume verschwunden, denn sie waren unter dem Eis erfroren. Erst als die Eisschicht taute, wanderten nach und nach die Bäume wieder ins Rheinland ein. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 250 Metern pro Jahr, entstand nun ein Urwald, in dem vorwiegend die Eiche dominierte. Nach 3000 Jahren bedeckte er schließlich ganz Deutschland.
Das Holz der Bäume diente schon in der Jungsteinzeit zum Heizen und Kochen, vor allem aber, um Häuser zu bauen. Die Menschen errichteten Siedlungen, die sie zumeist schon nach zehn Jahren wieder verließen. Auf den verlassenen Flächen wuchsen nun erneut Bäume, zum größten Teil Buchen und Eichen. Da Buchen jedoch doppelt so schnell wachsen, wie Eichen, waren sie nun schnell die Nummer eins in deutschen Wäldern.

Über Jahrtausende folgten so die Buchen der Wanderung der Menschen, doch wird der Wald schon 500 Jahre v.Chr. immer intensiver genutzt, so zum Beispiel in Manching, einer Industriemetropole der Kelten, mit damals schon 10000 Einwohnern. Ihr enormer Bedarf an Holz, vernichtete schnell die Wälder ringsum.
500 Jahre später ist Deutschland nur noch zu 70 Prozent von Wald und damit Bäumen bedeckt. Im Mittelalter wachsen die Siedlungen zu bedeutsamen Städten heran, wie beispielsweise Dortmund. Das lässt den Wald in Rekordzeit noch weiter schrumpfen, sodass um 1400 nur noch 26 Prozent Waldfläche vorhanden sind, deutlich weniger als heute.
Erst um 1800 zieht man die Notbremse und es beginnt eine Wiederaufforstung mit schnellwachsenden Fichten, die heute die vorwiegend vorhandene Baumart in unseren Wäldern sind.
Wälder mit ihren Bäumen reichen in Deutschland heute bis in unsere Städte hinein. So ist Dortmund stolz auf 50 Prozent Grünfläche. Auch Berlins Grunewald kann sich sehen lassen. Er ist der größte Stadtwald Europas und wurde schon 1915 für alle Zeiten unter Schutz gestellt. Im Tiergarten, in Berlin Mitte stehen heute wieder 260000 Bäume. Das ehemalige Jagdrevier der Kurfürsten von Brandenburg, ist wieder eine grüne Oase.
Aus den Baumkindern von einst, die nach dem Krieg im völlig zerstörten Berlin gepflanzt wurden, sind inzwischen stattliche Bäume geworden. Kaum jemand erinnert sich heute noch daran, dass sie damals zu tausenden von amerikanischen Piloten nach Berlin eingeflogen wurden.
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