Botanischer Name: Viscum album L.
Familie: Sandelholzgewächse (Santalaceae)
Weitere Namen: Weißmistel, Laubholzmistel, Weißbeerige Mistel, Hexenkraut, Donarbesen, Geißenchrut, Druidenfuß, Wintergrün, bei den Franzosen: Gui des druides
Merkmale:
Der immergrüne schmarotzende Strauch erreicht einen Durchmesser von bis zu einem Meter, wächst überwiegend auf Laub- und Kieferbäumen und ist über ganz Eurasien verbreitet.
Die Mistel wächst als Halbschmarotzer auf Bäumen. Über Ihre Wurzeln zapft sie die Leitungsbahnen der Bäume an, auf denen sie siedelt. Die Mistel ist ein immergrüner Halbschmarotzer der dem Baum Wasser und Nährstoffe entzieht. Bei starkem Befall kann der Baum absterben. Vollschmarotzer beziehen übrigens im Vergleich zum Halbschmarotzer ihre gesamten Nährstoffe aus der Wirtspflanze und haben auch ihre eigene Photosynthese eingestellt, sie besitzen daher keine Grünfärbung mehr.
Dies ist bei der Mistel nicht der Fall. Die Mistel hat immergrüne, eiförmige, ledrige Blätter. Sie befinden sich an den Enden der Gabeläste und sind gegenständig angeordnet. Die Blätter der Mistel haben keine typische Ober- und Unterseite. Beide Seiten sind mit zahlreichen Spaltöffnungen versehen, über die Kohlenstoff aufgenommen und Sauerstoff und Wasser abgegeben werden (normalerweise liegen solche Spaltöffnungen nur an der Blattunterseite).
In ihren Blattachseln erscheinen im Frühjahr unscheinbare gelbe Blüten. Die Blüten sind hellgelb und wachsen endständig, dicht gedrängt. Das Blatt selbst ist nur von wenigen, geradlinig verlaufenden Leitbahnen durchzogen (und nicht wie sonst von einem dichten Netz), in denen Wasser und Nährstoffe fließen.
Die Mistel wächst extrem langsam: Während andere Pflanzen nach dem Keimen innerhalb kurzer Zeit viele Blätter austreiben und stark in die Höhe wachsen, bildet die Mistel erst nach zwei Jahren die ersten Blättchen und danach in jeder Blattachsel immer nur einen Stängel und zwei Blätter. Die ersten Blüten zeigen sich erst nach fünf bis sieben Jahren.
Auffallend sind die weißen und innen klebrigen Beeren, die man, wie die ganze Pflanze, im Winter gut erkennen kann, wenn die Bäume ihr Laub abgeworfen haben. Vögel, insbesondere die Misteldrossel (Turdus viscivorus), die die Beeren fressen, scheiden die Samen wieder aus und sorgen somit für die Vermehrung. Die Früchte sind erbsengroß und von gelblich-weißer Farbe.
Die Mistel enthält in ihren Blättern und Stängeln das Viscotoxin (Mistelgift). Der höchste Gehalt an Giftstoffen findet sich in den Stängeln und Blättern, vor allem im Winter. Die Giftstoffe variieren mit der Wirtspflanze, also dem Baum, auf dem die Misteln wachsen. So weisen Misteln, die auf Linde, Ahorn, Robinie und Pappel gedeihen eine höhere Giftwirkung auf als Misteln, die auf Apfelbäumen wachsen. Bei kleineren Kindern kann es zu Magen- und Darmbeschwerden kommen.
Durch Stürme heruntergebrochene oder beim Bäume fällen gewonnene Mistel-Büsche werden vom Wild gern gefressen. Auch Hauskaninchen fressen meist gern das Mistellaub. Des Weiteren wird die Mistel medizinisch als Heilpflanze verwendet. 2003 wurde sie zur Heilpflanze des Jahres gekürt. Kaum eine Pflanze der heimischen Flora ist von so vielen Legenden und Mythen umrankt und gleichzeitig botanisch und medizinisch so interessant wie, die Mistel.
Es werden verschiedene Mistelarten unterschieden, je nachdem, auf welcher Baumart die Mistel wächst. In Deutschland wachsen vorrangig zwei Mistelarten:
- eine, die nur auf Tannen und Kiefern wächst (Viscum laxum), und
- eine, die nur auf Laubbäumen, mit Ausnahme der Buche, wächst (Viscum album)
Weltweit gibt es ungefähr 1100 Pflanzenarten, die als “Misteln” bezeichnet werden. Die Gattung Viscum umfasst 70 immergrüne Arten, von denen in Europa lediglich zwei vertreten sind. Die rotbeerige Mistel kommt nur im Mittelmeerraum vor. Alle Misteln in der Schweiz gehören deshalb zur gleichen Art Viscum album. Je nach Wirtsbaum unterscheidet man folgende Unterarten:
- Tannenmistel (nur an Weisstanne)
- Föhrenmistel (Waldföhre, Schwarzföhre, aufrechte Bergföhre. Sehr selten an Fichte)
- Laubholzmistel (weit über 10 verschiedene Baumarten, auch an Sträuchern. Die Buche wird nie, die Eiche sehr selten besiedelt)
Woher hat die Mistel ihren Namen?
Der deutsche Name “Mistel” leitet sich vom Althochdeutschen “mistil” ab, was wiederum im Zusammenhang mit dem Wort “Mist” steht.
Die Mistel ist eine zweihäusige Pflanze, das heißt, männliche und weibliche Blüten wachsen getrennt voneinander auf zwei Pflanzen. Misteln blühen erst nach fünf bis sieben Jahren zum ersten Mal, jahreszeitlich allerdings weit vor den meisten anderen Pflanzen: im Winter, zwischen Februar und März.
Ihre Blütenstände sondern eine Art Nektar mit orangenähnlichem Duft ab, der Fliegen, Bienen, Hummeln, Ameisen und viele andere Insekten anlockt, die für die Bestäubung sorgen. Nach der Befruchtung ruhen die weiblichen Blütenstände bis ungefähr Ende Juni. Dann entwickeln sich langsam die Früchte mit dem innenliegenden grünen Embryo, bis sie zu Advent, Anfang Dezember, reif sind und als weiße Scheinbeeren aufleuchten. Wie beim Menschen dauert es insgesamt neun Monate, bis der Keim ausgereift ist. Er ist kein robuster Samen, sondern ein sofort keimfähiger Embryo, der in grünes Nährgewebe eingebettet ist. Zum Überleben ist er auf Licht angewiesen, das die transparente Beerenhülle und das gallertige Fruchtfleisch gut durchdringen kann.
Um austreiben zu können, ist der Keim darauf angewiesen, dass ein Vogel ihn aus der Beere freisetzt. Vor allem zwei Vogelarten sind darauf spezialisiert: die Misteldrossel und die Mönchsgrasmücke – jede auf ihre Art. Die Drossel frisst in den Wintermonaten die reifen Beeren und scheidet die grünen Mistelembryonen über den Kot unverdaut wieder aus. Die an den Embryonen haftenden klebrigen Reste der Frucht lassen sie gut auf Ästen und Zweigen haften. Die Mönchsgrasmücke ist ein Zugvogel, der im März aus dem Süden nach Europa zurückkehrt. Sie pickt die Beeren, die von den Misteldrosseln noch nicht aufgefressen worden sind, von den Mistelbüschen ab, frisst aber nur die saftige Hülle. Den grünen Embryo klebt sie dabei auf Äste und Zweige des Wirtsbaumes, wo sie ganz in der Nähe der Mutterpflanze auskeimen können. Der Embryo ist äußerst robust: Er kann den ganzen Winter über auf einem Ast in seiner schleimig-klebrigen Hülle liegen bleiben, bis er – meist im April – austreibt.
Bei der Wahl ihrer Wirtsbäume sind die Mistelkeime von Nadelhölzern besonders wählerisch: Kiefernmisteln wachsen nur auf Kiefern, Tannenmisteln nur auf Tannen. Laubholzmisteln sind weniger anspruchsvoll. Sie keimen auch auf anderen Laubgehölzen als die Mutterpflanze, nicht aber auf Kiefern oder Tannen.
Wenn ein Mistelembryo auskeimt, schiebt er als erstes einen dünnen Stängel vor. Daran entwickelt sich eine Haftscheibe, mit der er sich an der Baumrinde festhält. Aus der Mitte dieser Haftscheibe wächst nun ein Saugrohr (Haustorium) hervor, dass
sich durch die Baumrinde bis in die Keimschicht (Kambium) schiebt und von dort einen Senker ausbildet. Von nun an nimmt die Mistel Wasser, Mineralien und Nährstoffe über den Senker auf, also indirekt über die Wurzeln des Wirtsbaums.
Wenn der Umfang des Baumstammes im Laufe der Jahre zunimmt, wächst der Senker nach außen mit und wird immer mehr vom Holz des Baumes umschlossen. Dadurch wird die Mistel immer tiefer im Stamm verankert, ohne selbst in die Tiefe zu wachsen.
Etwa im Spätsommer hat ein im April ausgekeimter Mistelembryo im Holz des Baumstammes mit seinem Senker festen Halt gefunden. Nun ruht der Keim wiederum bis April des Folgejahres. Erst dann beginnt er, sich aufzurichten und aus der Spitze zwei grüne Blättchen auszutreiben. Anschließend folgt wiederum eine einjährige Ruhepause. Erst vier Jahre nach dem ersten Austreiben wachsen aus der Mitte des Triebes drei neue Stängel: zwei seitlich und einer in der Mitte, jeder mit zwei Blättchen. Von nun an entstehen in jedem Frühjahr neue Stängel und Blättchen, aber immer nur in den Achseln der Vorjahrestriebe. Die zentrale Knospe wird zum Blütenstand.
Sie blüht und fruchtet im Winter. Zu Weihnachten tragen die Mistelbüsche überall die charakteristischen weißen Beeren. Lediglich zwischen Ostern und Johanni, also von April bis Juni, wächst die Mistel wie alle anderen Pflanzen. Mitte Juni jedoch hält sie inne und ruht dann bis zum Winter.
Ende Mai beginnt die Mistel mit sehr eigenartigen, für sie typischen Bewegungen (Nutationen): Es ist, als suche sie ihren eigenen Mittelpunkt. Jeden Tag orientieren sich Blätter und Stängel in eine andere Richtung. Ende Juni hat sich die Pflanze dann vollständig von Erdmittelpunkt und Zenit als orientierenden Kraftzentren gelöst und ihr eigenes Zentrum gefunden. Auf diese Weise bildet die Mistel im Lauf der Jahre die für sie typische kugelige Gestalt. Dieses Phänomen des kugeligen Wachstums findet sich bei keiner anderen Pflanze.
Standort/Vorkommen:
Es gibt rund 1400 Pflanzen, die im weitesten Sinne als Misteln bezeichnet werden. Sie ist in ganz Europa zu Hause, aber auch in Nordafrika und im Vorderen Orient. In Asien hat die Mistel gelbe bis orangefarbige Beeren (Viscum coloratum). In Nordeuropa wächst sie nur selten, weil sie extremen Frost unter -20 °C nicht übersteht. Im Süden beschränken zu starke Sonneneinstrahlung und Trockenheit ihr Vorkommen. Die seltenen Eichenmisteln wachsen vor allem in Frankreich, außerdem werden sie in der Schweiz kultiviert.
In manchen Gegenden sind sie zum großem Problem geworden: Misteln, die ihrem Wirtsbaum Wasser und Nährstoffe entziehen. Befallene Obstbäume sollten am besten im späten Winter oder zeitigen Frühjahr beschnitten werden.
Die Laubholz-Mistel breitet sich nahezu flächendeckend in Deutschland aus. Auffällig stark vermehrt sie sich in süd- und mitteldeutschen Regionen, beispielsweise im Saarland, der Pfalz, Franken aber auch den östlichen Bundesländern. Der Befall in den Streuobst-Beständen ist hier so massiv, dass NABU-Fachleute von einer Gefährdung der Streuobstbestände ausgehen. Im nördlichen Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie an der Ostseeküste ist die Mistel zwar auch auf dem Vormarsch, hier gilt sie aber noch nicht als Gefahr für Hochstamm-Obstbäume.
Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sehen die NABU-Experten vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen. Daneben begünstigen wohl auch klimatische Veränderungen, wie lange Trockenphasen und der daraus resultierende Stress für die Obstbäume, den Vormarsch. Gleichzeitig rückt die Mistel auch in höhere Lagen vor, inzwischen befällt sie Bäume in Lagen über 1.000 Metern.
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